Gesellschaftliche Gebrauchswerte

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Am deutlichsten fällt auf, daß es pro Produkt zig-Milliarden individuelle Gebrauchswerte gibt. Der Gebrauchswert des Anzuges in der Größe 54 hat für den 1,78 m großen Mann den Wert null, für einen Mann der Körpergröße 1,90 m aber den Wert 1. Für jeden Gegenstand gibt so viele Gebrauchswerte, wie es Menschen gibt. Jeder einzelne legt für sich selber fest, ob dieser oder jener Gegenstand einen Gebrauchswert für ihn hat. Das kann zeitlich und örtlich sehr verschieden sein und auch von äußeren Bedingungen abhängen, wie z.B. Lebensalter, Ausbildungsgrad, persönlichen Situationen, usw.
Die Tatsache, daß ein einziger Gegenstand tausend verschiedene, individuelle Gebrauchswerte haben kann, scheint auf den ersten Blick sehr irritierend, da ein und derselbe Gegenstand zwar von vielen verschiedenen Größen charakterisiert werden kann (z.B. Masse, Volumen, Temperatur, Festigkeit), es sich aber immer um verschiedene Größen handelt. Eine Flasche Bier kann nicht gleichzeitig zwei verschiedene Temperaturen haben. Wenn eine Flasche Bier 10 °C kalt ist, kann sie nicht gleichzeitig 20 °C warm sein. Dieselbe Flasche Bier kann aber 2 verschiedene Gebrauchswerte haben. Für jemanden, der lieber warmes Bier trinkt, hat die 20°C warme Flasche einen Gebrauchswert von γ = 1, weil er mit ihr sein Bedürfnis befriedigen kann. Für jemanden, der lieber kaltes Bier trinkt, hat eine 20 C warme Flasche Bier keinen Gebrauchswert (also γ = 0).

Verdeutlichen wir uns das Konzept des individuellen Gebrauchswertes anhand einer Tabelle:

Ware Wi Person A Person B
1 kg Möhren 0 1
1 Liter Bier 1 1
500 g Brot 1 0

Tabelle: Beispiele für individuelle Gebrauchswerte
Wir haben die Tabelle zwar in der Anzahl der Personen, als auch in der Anzahl der Waren begrenzt, aber es dürfte ersichtlich sein, daß jede Zelle einen Gebrauchswert enthält, der sowohl von der Person als auch der Ware abhängt.
Aus der Vielzahl der individuellen Gebrauchswerte pro Gegenstand kann man eine Art gesellschaftlichen Gebrauchswert bilden. Schauen wir uns dazu das Beispiel vom warmen Bier an.

1 Liter warmes Bier γij
Person A 0
Person B 1
Person C 1
Person X 0
gesellschaftlicher Gebrauchswert für eine Gruppe von n Personen  = Summe über γj(Wi) von j=1-n dividiert durch n

Tabelle: Beispiel zur Berechnung eines gesellschaftlichen Gebrauchswertes für eine Warenmenge Wi
Ziehen wir nur Herrn B und Herrn C in unsere Betrachtung, beträgt der gesellschaftliche Gebrauchswert für warmes Bier gleich 1. Beziehen wir noch Herrn A mit ein, der lieber kaltes Bier trinkt, dann beträgt der gesellschaftliche Gebrauchswert 0,67 (= ⅔).
Den gesellschaftlichen Gebrauchswert eines Gegenstandes kann man also als arithmetisches Mittel der individuellen Gebrauchswerte definieren. Der Wertebereich des gesellschaftlichen Gebrauchswertes liegt aber auch nur zwischen 0 und 1 und kann auch gebrochenzahlige Werte annehmen. Ein gesellschaftlicher Gebrauchswert von Null würde dann bedeuten, daß keine der einbezogenen Personen diesen Gegenstand braucht. Ein Wert von 1 würde bedeuten, daß alle einbezogenen Personen den Gegenstand gebrauchen können.